Paula Bosch zu Gast bei der Großen Oper des italienischen Weines bei GARIBALDI

35 Favoriten der drei wichtigsten Weinführer Italiens probierte ich bei Garibaldis Opera del Vino 2013. Die diesjährige Frühjahrsdegustation hatte es in sich und war zugleich eine Herausforderung für alle beteiligten Weingüter, Winzer, Weinmacher, Produzenten. Warum?Slow Wine präsentiert in 2013 beim Hallwag-Verlag seine erste Ausgabe. Garibaldi zeigt dazu aus dem Programm des Hauses seine Weine mit der höchsten Auszeichnung.
Gambero Rosso, Italiens wohl bekanntester Weinguide, kürt jährlich die besten Weine des Landes mit den begehrten 3 Gläsern. Garibaldi präsentierte dazu die letzten drei Jahre.
Duemilavini, der Führer der italienischen Sommelierunion, vergibt jedes Jahr 5 Trauben für die besten Weine. Garibaldi präsentierte für die Opera die 5 Trauben-Weine der letzten 3 Jahre.

Ich habe 35 Weine probiert, intensiv und ohne eine Unterbrechung von 15:30 Uhr bis 18:30 Uhr – und es hat mich quasi kein Mensch dabei gestört, was bei solchen Proben eine große Ausnahme ist. Und am Ende: die Kunden stimmten für ihre Favoriten, ein spannendes Ergebnis.

Bester Wein Italiens:

Aldo Conterno, Barolo „Romirasco“ 2008 Piemont,154,00 € rot, trocken
Bestes Preis-Genuß-Verhältnis:
Ca Rossa, Roero, „Audinaggio“ 2010 Piemont, 21,70 € rot, trocken
Herausragender Individualist:
Valentini, Trebbiano d’ Abruzzo, 2007 Abruzzen, 71,00 € weiß, trocken

Die Weine wurden nach Regionen an verschiedenen Tischen präsentiert, was zu einem sehr interessanten Tête á Tête der berühmtesten Weine führte:
Toskana; Trentino-Südtirol; Friaul; Venetien; Aostatal; Piemont; Marken; Abruzzen; Basilikata; Apulien; Kalabrien; Sizilien und Sardinien.

Meine Favoriten Rot:

Casanova_di_Meri_Brunello_di_montalcino_2006_cerretaltoCasanova di Neri, Brunello di Montalcino, „Cerretalto“ 2006, Toskana, 230,00 € rot, trocken
www.casanovadineri.it

Casanova di Neri, Brunello di Montalcino, „Cerretalto“ 2006, ToskanaSicher, 2006 war ein großer Jahrgang in der Toskana, da darf man dann auch von Produzenten wie Casanova di Neri einen ganz besonders guten Wein erwarten. Die anderen namhaften Kollegen haben es schließlich auch geschafft. Und so habe ich mich gegen alle Regeln und Vorschriften an diesem herrlichen Sonntag Nachmittag erst einmal belohnt, indem ich einen der Stars der Verkostungsliste als Einstimmung dafür auswählte, dass ich Sonntags arbeite. Und womit? Na ja Cerretalto, dem zweitteuersten Wein in der Probe. Warum ich nicht den teuersten wählte? Meine Wahl war keine Entscheidung des Preises, sondern folgte dem Ruf des Weines, den wollte ich jetzt doch mal testen. Kann dieser Wein als erster in der Probe (das ist immer eine ganz schwierige Position) bestehen und sollte er der „Beste“ sein, muß er am Ende auch noch bestehen können.
Treffer: Der Cerretalto ist ein großer Wein, knapp vor ein paar wenigen anderen in dieser Verkostung, aber für mich war er DER Wein der Probe. Tiefer, dunkelroter Kern mit orangenen Farbreflexen zum Glasrand. Die Nase nahm ein Bukett roter Früchte, einen ganzer Topf voll mit Marmelade von Erdbeeren, Sauerkirschen, süßen Pflaumen, Lakritze wahr. Die Säure wirkt unglaublich frisch, lebendig, anregend. Großer Reichtum an Tanninen, die elegant und etwas mehlig zugleich schmecken. Zimt und Wacholder begleiten eine warme Textur im orientalisch, würzigen Nachklang. Mit großem Potential für die Zukunft.

Castello di Rampolla, „Vigna d’ Alceo“ 2008, Toskana, 135,00 € rot, trocken

Der Vigna d’Alceo war für mich der Held des Tages. Ein Kämpfer und Sieger zugleich. Seine Gegner waren stark und gut gerüstet , aber dieser Wein schlug sich souverän und ohne großes Getue im Vorfeld.
Tiefes, sattes Rot bis in die Mitte zum Kern. Die Nase wirkte im ersten Eindruck wild, animalisch von Tierhaut geprägt, was ja insgesamt nicht schlecht ist, denn die besten Gewächse aus St. Emilion in Bordeaux besitzen die gleiche Eigenschaft. Mit etwas mehr Luft kamen dann auch Dörrobst wie Zwetschgen, Birnen und Äpfel in den Vordergrund. Geräuchertes, frisches Eichenholz, Rauch und Speck. Dann im Mund welche Fülle und Komplexität, fein und rassig zugleich. Eleganz im Vordergrund, ein wunderbares Geschmackserlebnis, ein Wein mit ganz viel Charakter. Große Oper der Gewürze vom Orient bis zum heimischen Lebkuchen.

valeirano2-110x300La Spinetta, Barbaresco „Valeirano“ 2007, Piemont, 98,00 € rot, trocken

www.la-spinetta.com

La Spinetta, Barbaresco „Valeirano“ 2007, PiemontWer glaubt, dass im Piemont der Barolo der König der Weine ist, mag ja Recht haben, aber was ist ein König schon wert ohne seine Königin? Im Kampf Barolo gegen Barbaresco gibt es schon länger keinen absoluten Gewinner mehr, hier stellt sich eher die Frage nach dem Stil des Weines oder geschmacklichen Vorlieben des Konsumenten. Barolo ist schon immer der kräftigere, muskulösere Wein mit mehr Ecken und Kanten gewesen. Gut so, denn es gibt nach wie vor jede Menge Liebhaber für dieses Gewächs. Der, oder treffender gesagt, die Barbaresco, ist feiner im ganzen Wesen. Vom Duft bis zum Stoff hat Barbaresco mehr delikate Töne, rassigere Säuren, mehr Spuren von Eleganz und die Tannine wirken hier insgesamt feiner. Mit diesem Wein hat Giorgio Rivetti einen Volltreffer gelandet, der keinen Vergleich mit berühmteren Weinen der Region scheuen muss.

Das helle Karmesinrot erinnert mich an Weine kleiner Jahrgänge der DRC (Domaine de la Romanée Conti). Man glaubt vom ersten Augenblick, na ja der hat das Zeitliche auch schon gesegnet, oder: der Wein hat seine beste Zeit auch schon hinter sich. Große Überraschung dann in der Nase: opulenter Duft, breit gefächert wie ein Korb voller Früchte des Herbstes, inklusive Steinpilzen, schwarzem Trüffel, feuchtem Laub und Unterholz. Im Gaumen spürt man dann eine fein ziselierte Säure, die wie ein Seidenfaden durch den Mund gleitet. Geschmack und Kraft ohne Ende und dank der vielen, reifen Tannine lang mit sehr viel Nachdruck. Ein Wein, der nicht nur im Gaumen, sondern auch im Kopf und Herzen bleibt.

Meine Favoriten Weiß:

Cerasuolo-225x300Valentini, Trebbiano d’ Abruzzo, 2007, Abruzzen, 71,00 € weiß, trocken

Valentini, Trebbiano d’ Abruzzo, 2007, AbruzzenDas erste Erlebnis mit diesem Wein liegt etwa 20 Jahre hinter mir. Damals öffnete ich eine Flasche Montepulciano von Valentini, einfach um ein gute Glas Wein zu trinken – ich meinte, dass ich es nach einer harten Arbeitswoche verdient hätte. Was mich aber anstatt eines guten Glases erwartete, reichte für die Arbeit vieler Monate. Die Flasche war so unglaublich gut, noch heute zählt dieser Moment zu meinen ganz großen Weinerlebnissen. Schade, dass ich damals ganz alleine trinken mußte, solche Erlebnisse teile ich immer gerne mit echten Weinfreunden. Damals wurde ich auf Valentini aufmerksam, versuchte wiederholt einen Besuch dort im Weingut zu arrangieren, mehrmals erfolglos, bis es dann endlich geklappt hat. Es war beeindruckend: zwei Stunden saßen wir im Wohnzimmer, es gab weder Wasser noch Wein – auch nicht zum Probieren. Bevor wir aufgebrochen sind bekamen wir dann doch eine Kaffee.
Trotz dieser Umstände, meine Vorliebe für diesen Individualisten lasse ich mir nicht nehmen. Er hat allen Weinmacher der neuen Epoche etwas voraus . Egal wie er seinen Wein macht (ich durfte es ja nicht sehen), der Wein schmeckt so individuell nach seinem Macher, seiner Sorte, seiner Herkunft, er schmeckt so natürlich nach Wein der alten Schule mit all seinen Ecken und Kanten, die sicher nicht jedermanns Sache sind, aber er schmeckt mir, weiß wie rot.
Der Trebbiano braucht viel Zeit zur Reife, damit meine ich Jahre. Er hat so ein unglaubliches Tannin im Geschmack, wie ich es von Weißweinen nicht kenne. Der Duft ist immer wieder die gleiche Richtung: Joghurt, Quark, süßliche Gärtöne, Kalbsleberwurst, leicht Geräuchertes. Dann der Gaumen mit dem Gerbstoff, aber auch Fülle und Finesse. Kernig, durchaus, aber sehr reich und komplex. Ich warte auch auf diesen Wein gerne ein weiteres Jahrzehnt.

Les-Cretes_Valle_d_aosta_Petit_arvine-225x300Les Crêtes, Petite Arvine, 2011, Aostatal, 19,90 € trocken
www.lescretes.it

Les Crêtes, Petite Arvine, 2011, AostatalDas Aostatal ist bei uns in der Weinwelt weniger bekannt. Das ist schade, aber auch zugleich wieder gut, weil es dort oben in den höchstgelegenen Weinbergen Europas auch nur wenig Wein gibt. In den steilen Terrassen, der totalen Steinwüste ist es schwer, Weinbau zu betreiben und dennoch lassen sich ein paar Menschen davon nicht abhalten, sehr zum Segen der Region und der vielen Besucher der vier 4000er Gipfel, allen voran der Montblanc. Die Weine der Familie Charrère sind mir im letzten Jahr schon aufgefallen, dabei erinnerte ich mich an meine früheren Proben von Blanc de Morgex et de La Salle mit ihrer unglaublichen Säure und Mineralität. Der Petite Arvine von heute ist schon als Sorte etwas dezenter. Mich begeistert das Ergebnis dieses extremen Weinanbaus. Der Duft erinnert an frisches Heu, Kräuter, die Bergwiese pur, eine Spur Banane. Die Textur wirkt sanft, cremig – wie ein schönes Tuch fühlt er sich im Gaumen an. Auch dieses Jahr schmeckt der Petite Arvine mal wieder wunderbar.

 

 

Verdiccio-St.-Barbara-le-Vaglie-150x300Santa Barbara, Verdicchio, „Le Vaglie“, 2011, 11,70 € weiß, trocken
http://www.vinisantabarbara.it

Santa Barbara, Verdicchio, „Le Vaglie“, 2011Die Verdicchiomacher hatten es dank der unzähligen Touristen an der Adria ja viele Jahre leicht gehabt. Die grüne Flasche, man nannte sie Amphora, war bekannt und beliebt wie ein bunter Hund. Doch dann drehte sich der Wind, genauso wie beim Beaujolais, über Nacht war alles schlagartig vorbei. Harte Zeiten waren angesagt. Stefano Antonucci hat sie überstanden. Mit vielen Investitionen, liebevoller Restaurierung, dem Erhalt dessen, was es zu erhalten gab, zum Beispiel der inzwischen verpönten Sorte Verdicchio. Er hat sie nicht ersetzt mit Sauvignon oder Chardonnay, nein Stefano hat sein Bestes getan und macht seit Jahren aus der weißen Rebe der Marken seinen Signaturwein „Verdicchio Le Vaglie“. Der Wein ist seit Jahren eine Bank, immer gut, mal mit etwas mehr Körper, mal eine Spur schlanker, eben so, wie es der Jahrgang hergibt. Nein, sicher kein Allerweltswein, kein Mainstream, aber auch kein Cru. Einfach, ehrlich und gut, sehr gut sogar. Der 2011er zeigt viel Limone, Limette, frisches Kraut wie Kerbel und Minze. Saftiger Charakter mit Frische, Spannung und Länge. Ein Preis-Leistungsverhältnis, das Freude aufkommen lässt.