Weineinkauf

Guter Weinhandel ist am Kunden orientiert und braucht keine Show

Die wichtigsten Kennzeichen eines guten Weinhandels:

  • ein ausgesuchtes Sortiment
  • optimale Lagerbedingungen (kühl, dunkel, nicht zu trocken und mit Platz zum horizontalen Lagern der Flaschen)
  • Verkaufsberater, die sich auf Sie und Ihre Vorlieben und Interessen einstellen – und die über die Entwicklung jedes Weinguts, jeder Lage, jedes Jahrgangs Bescheid wissen

Viel mehr braucht eine gute Vinothek gar nicht. Auf luxuriöse Ladeneinrichtungen hingegen, die mehr dem Ego des Besitzers denn der fachgerechten Präsentation und Lagerung dienen, kann man durchaus verzichten – schließlich muss man sie mit jeder Flasche mitbezahlen.

Das Wichtigste für den Weinverkauf ist kompetente Beratung

Die Allroundtalente, die es dafür braucht, sind leider so selten wie ein interessanter Barolo für unter 30 Euro. Ein guter Weinhändler muss nämlich nicht nur aus dem unübersehbaren Angebot eine kluge Vorauswahl treffen, sondern diese Auswahl auch seinen Kunden vermitteln können.
Das heißt zunächst einmal: er muss seine Klientel verstehen.

Auch muss er für eine gute Lagerung und schnellen Umschlag seines Kontingents sorgen sowie Beliebtes und Bewährtes kontinuierlich
beschaffen können (man kennt das: kaum hat man ein paar Weine
aus dem Sortiment kennen und schätzen gelernt, heißt es: „die sind aus“).

Ein guter Weinhändler ist Kaufmann und Psychologe in einem. Auch ein Visionär steckt in ihm: er sollte nämlich sein Sortiment ständig überprüfen und beständig erweitern. Das soll nicht heissen, dass eine Vinothek ständig ihr Programm umkrempeln sollte. Im Gegenteil: ein Händler, der nur dem vermeintlichen Kundengeschmack und den gerade hoch bewerteten Weinen hinterherrennt, wird kaum guten Kontakt zu seinen Produzenten pflegen können.

Ein wirklich guter Weinhändler ist eine Art Vertrauensmann,

  • der zwischen Genießern und Produzenten des Weines vermittelt. Der die Winzer und Kellermeister seiner Weine auf vielen Reisen persönlich kennengelernt hat
  • der deshalb auch weiß, was sich im vergangenen Jahr im Weinberg ereignet und wie sich der Wein des vorletzten Jahres entwickelt hat
  • der Sie, seinen Kunden, seine Ansprüche und Vorlieben kennt und dementsprechend berät. Der Sie – zu Ihrem großen Erstaunen – darauf aufmerksam machen kann, dass der 2008er Ihrer Wahl schon reifer ist als der 2007er – und Sie damit vor dem Fehler bewahrt, den alten Wein vor dem Jungen zu trinken.

Mit anderen Worten: ein solches Multitalent ist Gold wert.

„Supermarkt“ oder „Handelskette“ ist kein Synonym für einen Qualitätsstandard, sondern ist einfach ein bestimmter Vertriebskanal

Theoretisch könnte man Weine jeder Qualität und jedes Preisniveaus über Supermärkte vertreiben. Es liegt aber im Wesen großer Handelsketten, dass sie in großen Mengen und zu Kampfpreisen einkaufen (müssen) – und diese Tatsache limitiert sowohl ihre Auswahl als auch die Qualität des Angebots fast automatisch, denn gute Erzeuger sind darauf angewiesen, für ihre qualitativ hochwertigen Weine adäquate Preise verlangen zu können.

Dazu kommt, dass Wein in Supermärkten ein Angebot unter vielen ist und dementsprechend behandelt wird.
Die Weine werden häufig stehend (!) in Regale geräumt, wo sie ungeschützt dem Licht (!), der Temperatur (!), dem Geruch (Käsetresen, Fleischtheke !) und einem unkontrollierten Alterungsprozess ausgesetzt sind, bis sich eines Tages ein vertrauensseliger Weinkäufer ihrer erbarmt. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass dieser einen mittlerweile ziemlich angeknacksten Wein in seinen Einkaufswagen legt und zur Kasse schiebt. Und das relativiert den günstigen Preis doch erheblich.

Das Sortiment in Supermärkten ist auf billige Massenware konzentriert – darunter kann wohlschmeckender Wein sein, den müssen Sie aber finden. Das Allerwichtigste für den Weinkauf fehlt im Supermarkt: kompetente Beratung. Ein Angestellter im Supermarkt kann nicht das über Wein wissen, was er wissen müsste, um Kunden entsprechend ihrer Vorlieben und Bedürfnisse zu beraten – man ist also als Weinkäufer im Supermarkt auf sich allein gestellt.

Ausnahmen gibt es immer

Das heißt nicht, dass Sie in Supermärkten grundsätzlich keinen guten Wein kaufen können. Mißtrauisch sein sollten Sie grundsätzlich bei Angeboten, deren Verkaufspreis ganz offensichtlich nicht die Herstellungskosten decken kann – geschweige denn irgendeinen Ertrag für den Erzeuger abwerfern. Die Qualität eines Weins, der für unter 2 Euro angeboten wird, kann nicht stimmen. Den mag man trinken können, aber weder im Anbau noch in der Weinerzeugung können hier strenge Qualitätsrichtlinien befolgt werden sein. Und abgesehen davon, dass Ihnen ein solcher Wein kaum guttun kann, schadet man mit dem Kauf solcher Massenware den Winzern, die sich um Top-Qualität bemühen.

Gleichzeitig profitieren die Verbraucher, die im Supermarkt einen Wein kaufen können, dessen Qualität sie vertrauen können und der preislich trotzdem noch attraktiv ist. Eine mittelfristige Wirkung erhofft man sich natürlich auch, denn wer sich bisher nicht in den speziellen Weinhandel getraut hat, kann so Erfahrungen mit Qualität machen und entdeckt leichter seine Liebe zum Wein.