2004_Clos_Fonta_Viticultors_Mas_d_en_Gil

Tiefer, strahlender, rubindunkelroter Glanz. Reiches, sehr würziges, dunkelbeeriges Bukett. Die fruchtigen Komponenten sind Holundersaft, Cassis, Brombeer. Dunkler Tabak, Bitterschokolade, Thymian, Wacholder als Kopfnoten. Im Geschmack wunderbar gereiftes Tannin, feiner Stoff, weiche Textur, saftiger Geschmack, der zum Weitertrinken animiert. Wer Zeit zum Dekantieren hat, sollte dies gut zwei bis drei Stunden vorher tun.

Katalonien ist mit seiner einzigartigen Weinregion Priorat das Anbaugebiet Spaniens, von dem mit Sicherheit gesagt werden kann, dass es vom Ende der 80ziger in einem Jahrzehnt den Sprung von Null auf Hundert geschafft hat. Und das im Hinterland Barcelonas, in einem abgelegenen, nahezu aufgegebenen Dorf mit dem Namen Porrera. Die arme Bergregion, die durch die Landflucht ihrer Jugend in dieser Zeit auszusterben drohte, hatte weder kulturell noch wirtschaftlich ihrem Nachwuchs etwas zu bieten. Die Weinberge, die sich einem Amphitheater gleich um Porrera schmiegen, hatten nichts weiter als steinalte, bis zu hundertjährigen Garnachareben und Cariñena-Stöcke. Ihre wenigen Trauben wurden von der örtlichen Genossenschaft lieblos verarbeitet. Die Arbeit der Winzer mit Mauleseln in den Steilterrassen unterscheidet sich nur wenig von jener in einem Steinbruch. Und weil die Mühen mit geringsten Preisen für die Trauben und keinerlei Anerkennung belohnt wurden, war ein Ende des Priorats in Sicht. Verhindert haben das in letzter Minute José Louis Pérez, der mit seinen Ideen Winzer wie René Barbier (Clos Mogador), Carles Pastrana (Clos de L’Obac) und später Daphne Glorian (Clos Erasmus) oder Alvaro Palacios (L’Ermita) infizierte, und der Folkloresänger Louis Llach, der aus Porrera kommt und mit seinen melancholischen, für Freiheit kämpfenden Songs heute noch auf dem Musikmarkt gefragt ist. Mit einem Konzert, dessen Erlös der Sache diente, rüttelten sie die Bewohner Porreras wach. Sie verdoppelten Jahr für Jahr die Preise für die besten Traubenqualitäten, die in der ersten Zeit noch in der Genossenschaftskellerei verarbeitet wurden. Cims de Porrera 1996 war ihr erster Wein, er begeisterte die Weinwelt. Neugegründete Kellereien taten ihr Übriges zur Rettung einer ganzen Region.

Während meines Besuchs im Frühjahr 2013 wurde ich von der Einmaligkeit und Qualität des Prioratos erneut überzeugt. Der Wandel hat eine Dynamik in Gang gesetzt, die im Weinbau nicht hoch genug geschätzt werden kann. Der Erfolg ist aber kein Geheimnis, sondern vielmehr in den Böden und Terrassen der Region begründet. Kleinblättriger Schiefer, der sogenannte Llicorella, harte Brocken Granit und Quarz die metertief das Fundament der extrem steilen Terrassen bilden. Dazu kommen klimatologische Besonderheiten wie die speziellen Winde (Garbinada) vom Meer, die für eine gute Durchlüftung in den Rebzeilen sorgen. Aus dieser Kombination Böden, Lagen, Reben, Klima und Keller entstehen weltweit alle Weine, aber eins bis vier ist nicht kopierbar, ist unverwechselbar Priorat. Das führt zu einem unverkennbaren Geschmacksbild, das Weinliebhaber schätzen – und deshalb sind ihnen die ebenso guten wie raren, keineswegs billigen Weine, letztlich doch nicht zu teuer

Ein gutes Beispiel dafür ist das Weingut Viticultors Mas d’en Gil mit seiner 300 jährigen Historie. Das 125 Hektar große Anwesen in Bellmunt liegt auf einer Seehöhe von 300 Meter üdM. In den 40 Hektar terrassierten Weinbergen sind alle günstigen Umstände für eine hervorragende Qualität der Trauben gegeben. Neben den Rebbergen für Garnacha, Cariñena, Syrah und Cabernet gibt es Kleinstmengen für Weissweine an Garnacha, Macabeu und Viognier. Dazwischen pflegt man hier Plantagen von Oliven, viel Wald, Mandelbäume und Haselnusssträucher. Die Familie Rovira kaufte das Anwesen 1989, renovierte und modernisierte Gebäude und Keller, Weinberge wurden teils neubepflanzt. Alles in kleinem Stil, schließlich handelt es sich um einen Familienbetrieb, der auch einer bleiben will. Neben Edelstahltanks stehen viele neue Holzbottiche und in den Reifekellern liegen etwa 250 neue Barriques, die dem Ausbau der besten Weine dienen. Eine langjährige Equipe arbeitet im Weinberg und Keller mit großem Engagement. Marta Rovira, eine der Töchter des Hauses ist für das ganze Weingut verantwortlich und pflegt die Kontakte. Wir haben uns schon vor Jahren im Tantris getroffen, wo die Weine auf der Karte präsentiert wurden.

Mein Favorit im Haus Mas d’en Gil war neben dem raren Weißwein Coma Blanca, der Queen des Hauses, schon immer der Blend aus 70% Garnacha und 30% Cariñena – Clos Fontá. Neben 14 Monaten Reife in Barriques bester Herkunft ruht er dann noch 36 Monate in der Flasche, bevor er den Hof des wunderschönen Herrenhauses verlassen darf. Vor Ort habe ich den großen Jahrgang 2004 im Doppelpack mit dem noch nicht ausgelieferten, ebenso großen Jahrgang 2010 probiert. Mama Rovira kochte dazu.