Grüner Veltliner „Engabrunn“ 2017 Edition 2017 Paula Bosch

Sie haben doch sicher einen Lieblingswein Frau Bosch, verraten Sie uns auch welchen?“ Wie oft ich diese Frage in meinem Leben schon gehört habe, kann ich nicht sagen, dass ich darauf nie eine Antwort geben konnte, aber schon.

Als ich in den letzten Wochen immer wieder über diese Frage gestolpert bin, ist mir an Stelle einer Antwort, eine für mich sinnvollere Gegenfrage eingefallen, nämlich die nach dem Winzer und seinem Weingut, kurz meinem Lieblingswinzer. Und warum fällt mir dann dazu eine Antwort leichter? Von leichter kann nicht die Rede sein, aber durchaus für mich nachvollziehbarer und verständlicher.
Geht es Ihnen nicht auch so, dass Weintrinken eine Stimmungsangelegenheit ist und schon deshalb die Wahl eines Lieblingsweines in einem x-beliebigen Moment völlig falsch könnte, weil er trotz aller Vorliebe, so gar nicht passen würde?
Welcher Wein denn nun der Richtige ist, in genau dem Augenblick wo man auf ein Glas des köstlichen Getränks Lust hat, kann nach meiner Auffassung von Lust auf Weingenuss, nicht alleine auf einen bestimmten Wein beschränkt werden. Wohl aber, ähnlich wie beim Essen, worauf ich eben gerade Appetit,  Lust habe. Weiß, rot oder schäumend, Herkunft, die Rebsorte, das Weingut, einfach der oder die Winzer(in). Jene Person, die im besten Fall für ihre Weine alles gibt. Er oder Sie, ein sympathischer Charakterkopf mit all seinen Macken, Geschichten und, und und, mein Lieblingswinzer (Winzerin) eben.
So stehen bei der Wahl eines (Lieblings)Weines doch erlebte Momente mit Menschen, Menschen die ihre Weine personifizieren, dafür stehen,  daraus entstehen für mich, wenn alles passt im Lauf der Zeit Verbindungen, Bekanntschaften, Lieblingswinzer oder Winzerinnen.

Meine erste Liebelei, mein erster LIEBLINGSWINZER war BERNHARD OTT aus der Region Wagram in Niederösterreichs Feuersbrunn.
Die Story dazu begann vor 25 Jahren in Wien auf der Weinmesse VINOVA, der heutigen VIEVINUM, die wie in diesem Jahr 2018, im zweijährigen Rhythmus stattfindet. Dort trafen wir uns zum ersten Mal, das war 1994, ich, mit dem Auftrag beste Weine aus Österreich, für das Restaurant Tantris in München zu finden.
Der damals blutjunge Bernhard hatte gerade die Weinbauschule abgeschlossen und durfte unter der Aufsicht des Vaters Eduard, sein Erlerntes ausprobieren. Es hat nicht lange gedauert, bis der feinsinnige Junior vom Vater die Verantwortung für das ganze Weingut bekam.

Der Jahrgang 1993  war meine erster Bekanntschaft mit den OTT’schen Weinen, mein erster Favorit, der  Grüne Veltliner „Fass 4“, jenem Signumwein, der heute nach 25 Jahren, laut Bernhard, die goldene Mitte, seiner erstklassigen Kollektion darstellt. Eine Flasche davon haben wir vor kurzem, in Erinnerung an ein gemeinsames Vierteljahrhundert, mit Freude und Respekt, auch ein bisserl Ehrfurcht, getrunken. Es war ein Fest für uns, Mensch und Wein. Der 1993 Grüner Veltliner Fass 4 präsentierte sich in heller Bernsteinfarbe, mit gereiftem Duft der an getrocknete Früchte von Marille bis Zwetschke, Nüsse, Honig, Malz, helle Schokolade erinnerte. Der feste, aber straffe Körper war immer noch sehr lebendig, wenn auch mit ersten Falten. In Summe war der Wein eine große Überraschung und Trinkfreude zugleich.

Dem jungen Weinmacher und Winzer habe ich damals zurecht vertraut. Den Wein habe ich als Entdeckung stolz auf die Weinkarte im Tantris gesetzt und damit sehr viele Besucher begeistern können. Ihn, den damals schon nach Harmonie im Wein strebenden Jungwinzer habe ich aber auch davor gewarnt „Eintagsfliegen“ zu produzieren, ich könnte auch ONE NIGHT STANDS dazu sagen.

Die Grünen Veltliner liebe ich heute noch, habe eine leichte Stilkorrektur wohl wahrgenommen und einige Jahre, wegen der leicht schmeckbaren Restsüße und einem Touch mehr Alkohol, immer wieder kritisiert, gejammert, eben wie in jeder guten Beziehung. Im Lauf der Jahre hat Bernhard wieder zu seinem ursprünglichen Stil zurückgefunden und bleibt wie in den vergangenen 25 Jahren, Österreichs Mister Veltliner. Zahlreiche Preise und möchte Auszeichnungen schmücken die Wände im liebevoll restaurierten Weingut. der Betrieb ist auf 30 Hektar angewachsen, Bernhard hat seine Jugendliebe Maria geheiratet, drei fröhliche Kinder tollen durch Haus und Hof und wir sind uns treu geblieben. Ganz sicher kann ich zur kompromisslosen Haltung Bernhards, in Sachen Qualität, Stil Geschmack, Harmonie sowie Natürlichkeit im Wein, behaupten, dass eine große Weiterentwicklung im Sinne von Fortschritt, auch zur 100%ig angewandten Biodynamie, statt gefunden hat und das ist gut so. Haus und Hof meines „Lieblingswinzers“ ist nicht nur für die Kundschaft, sondern auch schon für den Nachwuchs bestellt.

EDITION PAULA BOSCH. Mein erster Wein mit eigenem Signum. Ich wählte  2017 Grüner Veltliner „Engabrunn“ trocken, aus der Riede STEIN des benachbarten Kamptals. 2000 Flaschen wurden davon abgefüllt und darauf bin ich mächtig stolz, auch weil Bernhard OTT, mir bei den vorangegangenen Fassproben, die freie Auswahl lies, mich für den Wein zu entscheiden, der im schwierigen Jahrgang 2017  mein „Lieblingswein“ in der Ott’schen Kollektion war und vielleicht auch wieder in einem der kommenden Jahren  sein wird, wer weiß!?

Lesen Sie die Degustationsnotizen zum Wein unter: EDITION PAULA BOSCH